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Probleme in der Partnerschaft Sexuelle Probleme

Somnophilie- die Lust am Sex mit Schlafenden

Somnophilie-
mein Freund nimmt mich im Schlaf

Mit meinem neuen Freund verstehe ich mich eigentlich super.

Trotzdem macht mir sein Sexdrang etwas Angst. Neulich bin ich nachts dadurch aufgewacht, dass er versucht hat, in mich einzudringen. Das allein ist eigentlich kein Problem, ich fand es sogar ganz geil.

Er hat mir dann allerdings gestanden, dass es ihn in seiner Fantasie am meisten anmacht, Sex mit einer schlafenden Frau zu haben. Vor meiner Zeit hätte er sich sogar schon mehrmals K.-o.-Tropfen besorgt, um seine Partnerinnen für den Sex bewusstlos zu machen.

Völlig sicher bin ich mir nicht, ob er das nicht auch mit mir machen will oder ob er das vielleicht sogar schon gemacht hat. Jedenfalls ist es nach einigen Partys schon so weit gekommen, dass ich mich überhaupt nicht mehr erinnern kann, wie ich heimgekommen bin. Das kann allerdings auch daran liegen, dass ich selbst etwas zu viel getrunken habe…

Sabrina C.

Somnophilie-
mein Freund nimmt mich im Schlaf

Hallo Sabrina,

Ihr Freund steht auf Sex mit schlafenden Frauen- die Sexualwissenschaft hat für diese Form der sexuellen Vorliebe sogar ein Fachwort: Somnophilie (von griechisch „somnos“-Schlaf und „philia“-Vorliebe).

Sie selbst haben das gemerkt, als Sie dadurch wach wurden, dass Ihr Freund in Sie eingedrungen ist. Und er hat Ihnen gestanden, bei anderen Frauen dazu K.-o.-Tropfen benutzt zu haben. Selbst sind Sie sich auch nicht sicher, ob er das nicht auch schon bei Ihnen getan hat.

Somnophilie- ohne Einverständnis
eine Form der Vergewaltigung

Was Ihr Freund da tut, ist höchst problematisch und sogar strafrechtlich relevant.

Es ist niemals in Ordnung, ohne das ausdrückliche Einverständnis mit einem anderen Menschen Sex zu haben. Das sollte auch beim eigenen Partner eine Selbstverständlichkeit sein.

Und erst recht ist es strafbar, andere Menschen mit Hilfe von K.-o.-Tropfen bewußtlos zu machen, um seinen eigenen Sexualtrieb zu befriedigen. Hinzu kommt, dass die Verabreichung von K.-o.-Tropfen für das Opfer ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellt, bis hin zur Lebensgefahr.

Eine solche Sexualpraktik ist nichts anderes als eine schwere Form der Vergewaltigung- und das auch dann, wenn es sich beim Opfer um die Freundin des Täters handelt, die eigentlich im Wachzustand sogar zum Sex mit dem Täter bereit ist.

Somnophilie-
harmlos nur als Fantasie

Die sexuelle Fantasie, mit einer schlafenden Frau Sex zu haben, ist für sich genommen harmlos. Jeder Mensch kann und darf die sexuellen Fantasien haben, die ihm selbst gut tun. Therapeutische Hilfe ist nur dann erforderlich, wenn sexuelle Fantasien einem selbst oder anderen zu schaden beginnen.

Problematisch wird Somnophilie daher erst, wenn der Bereich der sexuellen Fantasie überschritten wird und real ein zweiter Mensch ins Spiel hinzukommt. Ab diesem Punkt ist unbedingt erforderlich, dass das Einverständnis der betroffenen Frau (oder auch des betroffenen Mannes) vorliegt. Das gilt auch dann, wenn es sich nur um das Masturbieren vor dem/der Schlafenden handelt. Denn auch hier wird ohne Einwilligung bereits das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung verletzt.

Somnophilie-
der Reiz am Sex mit Schlafenden

Der Hauptgrund für den Reiz der Fantasie liegt für den wachen Partner offenbar darin, den anderen als komplett wehrlos zu erleben, mit ihm also theoretisch alles machen zu können, ohne dass dieser sich wehrt. Es ist also ein Machtspiel, das in den Bereich des Sadismus hineingehört.

Umgekehrt ist aber auch möglich, dass ein masochistisches Motiv beim somnophilen Täter vorliegt: Da die wenigsten Menschen so tief schlafen, dass sie beim Sex nicht aufwachen, muss der Täter damit rechnen, erwischt zu werden und sich dann in dieser für ihn peinlichen Situation rechtfertigen zu müssen.

Somnophilie-
Konsequenzen in der Partnerschaft

In Ihrem Fall ist das Problem, dass der ungefragte Übergriff auf Ihre Person bereits stattgefunden hat- vielleicht nur vergleichsweise harmlos, als ein Koitus, bei dem sie aufgewacht sind, möglicherweise aber auch schon unter Zuhilfenahme von K.-o.-Tropfen. Beides ist ein Vertrauensbruch, mit dem Sie selbst irgendwie umgehen müssen.

Hier gibt es letztlich nur zwei Möglichkeiten:
Entweder Sie akzeptieren das Verhalten Ihres Freundes, so wie es ist, und setzen sich dadurch erheblichen Risiken aus, vor denen Sie ganz zu recht Angst haben. Oder Sie verlangen eine eindeutige Klärung der Situation, in der Sie selbst bestimmen, was für Sie OK ist (z.B. der Sex im Schlaf) und was nicht (als die K.-o.-Tropfen).

Dabei bleibt natürlich das Risiko bestehen, dass Ihr Freund Ihnen ein Wohlverhalten verspricht, dass er selbst nicht bereits ist einzuhalten- oder an das er sich aufgrund der Stärke seiner sexuellen Vorliebe gar nicht halten kann.

Wenn Sie selbst das Gefühl haben, Ihrem Freund hier keine eindeutigen Regeln auferlegen zu können, mit denen auch Sie einverstanden sind, gibt es letztlich aus der Sicht der Vernunft für Sie nur die Möglichkeit, sich von ihm zu trennen oder gemeinsam einen Therapeuten aufzusuchen. In einem solchen Gespräch mit einem Therapeuten könnte dann nochmals ausgelotet werden, ob und unter welchen Bedingungen nicht doch gemeinsame Regeln für das sexuelle Miteinander festgelegt werden können.

Möglicherweise kann es auch sinnvoll sein, dass Ihr Freund sich aufgrund eines solchen Gespräches zu einer eigenen Psychotherapie entschließt, die ihm hilft, die selbst- und fremdschädigenden Seiten seiner sexuellen Vorlieben zu überwinden.

Wenn Sie weitere Fragen dazu haben, freue ich mich über Ihre Nachricht.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Dr. hum biol. Michael Petery

Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

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