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Sexuelle Probleme Zwangsstörung und Zwangsgedanken

Zwangsgedanken: die gefolterte Lehrerin

Zwangsgedanken
Schmerzen zufügen und Schmerzen leiden


Schon seit ich 12 Jahre alt bin, leide ich an bestimmten Zwangsgedanken, die mich überhaupt nicht mehr loslassen. Das wird so stark, dass ich mich manchmal auch tagsüber deswegen ins Bett lege und mich die Gedanken stundenlang nicht mehr loslassen. Deswegen vernachlässige ich meine Freunde und habe auch schon mehrfach in der Arbeit gefehlt.

Begonnen hat das in meiner Schulzeit. Da hatte ich eine Lehrerin, die ich eigentlich sehr gern mochte. Ich habe mir dann immer vorgestellt, dass sie irgendwo gefangen ist und sehr grausam gefoltert wird. Ich bin dann derjenige, der sie in ihrem Verließ findet. Um sie zu befreien, muss ich ihr nochmals riesige Schmerzen zufügen, zum Beispiel, dass schon alles brennt und ich ihr die Hand abschneiden muss, um sie aus dem Gefängnis zu herauszuholen.

Mittlerweile ist mir das immer wieder passiert mit diesen Vorstellungen, und es sind genau die Menschen, die mir besonders gut gefallen, bei denen ich mir vorstelle, wie sie wahnsinnige Schmerzen leiden. Manchmal bin ich es auch selber, dem all das angetan wird, und irgend jemand anders muss mir noch mehr Schmerzen zufügen, um mich zu retten.

Niemals im Leben würde ich mir wünschen, dass so etwas tatsächlich passiert. Ich weiß auch, dass das alles nur in meiner Fantasie geschieht. Aber trotzdem komme ich davon einfach nicht los.

Das Ganze ist mir so peinlich, dass ich darüber mit niemanden reden will.
Ich fühle mich total pervers, und frage mich, ob ich ein versteckter Sadist bin, vor dem die Welt geschützt werden müsste.

Gibt es irgendeine Möglichkeit, mich von diesen Gedanken zu heilen?

Lorenz T (Name geändert)

Zwangsgedanken-
als Belastung und Krankheit

Hallo Lorenz,
immer wieder nehmen Ihre Gedanken Sie gefangen: Sie stellen sich vor, wie Menschen, die Ihnen gefallen, Schmerzen erleiden, wie Sie selbst diesen Menschen Schmerzen zufügen, oder auch Sie selbst Schmerzen erleiden. Darunter leidet ihre normale Alltagstauglichkeit.

Zwangsgedanken-
Krank sind nicht die Inhalte,
sondern ihre Beharrlichkeit

Zwar gilt: Grundsätzlich ist es etwas vollkommen Normales, hin und wieder gewaltsame Tagtraumfantasien zu haben. Und in solchen Fantasien darf durchaus auch gefoltert und gemordet werden, ohne dass daraus abzuleiten wäre, dass ein Mensch ein krankhafter Sadist ist. Wahrscheinlich hat sogar jeder Mensch irgendwann einmal solche Fantasien.

Bei Ihnen liegt der Fall aber noch etwas anders. Nicht der konkrete Inhalt Ihrer Fantasien ist Anzeichen einer Krankheit. (Auch wenn es sich lohnen könnte, psychotherapeutisch zu untersuchen, warum es gerade diese Fantasien sind, die Sie heimsuchen.)

Was ein deutliches Anzeichen dafür ist, dass Sie an einer psychischen Störung leiden, ist die ständige Wiederholung dieser Tagträume, die lange Andauer und die Störung Ihrer normalen Alltagstauglichkeit durch diese Tagträume.

Zwangsgedanken-
Möglichkeiten der Therapie

Von daher ist es wichtig, dass Sie sich ärztliche und therapeutische Hilfe besorgen. Als allererstes muss abgeklärt werden, ob möglicherweise eine körperliche Erkrankung zu den Zwangsgedanken führt (z.B. neurologische Erkrankungen).

Wenn eine solche körperliche Ursache ausgeschlossen ist, sollte der behandelnde Therapeut (in Zusammenarbeit mit dem Arzt) darüber entscheiden, welche Therapieform für Sie am geeignetsten ist.

Das könnte z.B. die kognitive Umstrukturierung sein. Hier geht es darum, die Gedanken, die Ihre Lebensqualität beeinträchtigen, genau zu identifizieren und neue Verhaltens- und Denksttruktuen zu erarbeiten, welche dann die Zwangsgedanken nach und nach ersetzen.

Begleitend zu einer Psychotherapie kann es auch hilfreich sein, wenn Sie ergänzend Medikamente einnehmen, die Ihnen helfen, aus diesem eingeschliffenen Gedankenkreislauf wieder herauszukommen.

Zwangsgedanken, die lange eingeübt sind, verschwinden nicht von einem Tag auf den nächsten. Allerdings kann eine Therapie schon nach einigen Wochen bzw. Monaten eine wesentliche Erleichterung verschaffen und schließlich die Zwangsgedanken ganz und gar zu besiegen helfen.

Ihnen eine gute Besserung und alles Gute!
© M.Petery.
Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

Weitere Infos:
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Eifersucht-die ständige Angst, ihn zu verlieren
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HOCD- Homosexuelle Zwangsgedanken


Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

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