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Langfristige Beziehung oder ewig Single?

Langfristige Beziehung
oder ewig Single?

Was ich mir am meisten wünsche, ist, einen wirklich netten Mann zu finden und eine Familie zu gründen, eine langfristige Beziehung also. Klingt einfach, ist es aber nicht.

Leider hatte ich vor fünf Jahren ein ziemlich traumatisches Erlebnis: Ich war glücklich zusammen mit dem Mann meiner Träume, wurde schwanger- und hatte im vierten Monat eine Fehlgeburt. Daraufhin wollte ich nicht gleich wieder schwanger werden- und mein Freund kündigte die Verlobung. Über eine Freundin hörte ich, dass er nicht einmal 12 Monate später tatsächlich Vater geworden ist, gemeinsam mit einer neuen Frau.

Im Nachhinein sage ich mir, dass ich eigentlich froh sein kann, ihn so schnell losgeworden zu sein. Geblieben ist mir allerdings ein ziemliches Misstrauen, was Männer betrifft.

Ich habe zwar in den letzten Jahren immer wieder Männer kennengelernt, bei denen ich zuerst geglaubt habe, dies Mal könnte es wirklich der Beginn einer langfristigen Beziehung werden- tatsächlich hat keine einzige dieser Beziehungen länger als drei Monate gedauert.

Ich habe in den Beziehungen jeweils schon nach den ersten Wochen eine innere Panik bekommen, dass alles zu Ende geht. Manchmal musste ich dann einfach telefonieren, um zu hören, dass es meinen jeweiligen Freund überhaupt noch gibt. Ich glaube nicht, dass ich da als zu besitzergreifend rübergekommen bin. Vielleicht habe ich sogar eher etwas spröde gewirkt.

Die Trennung ging dann jeweils von den Männern aus, immer aus ganz banalen Gründen: Umzug in eine andere Stadt, zu große berufliche Belastung… Richtig unlösbar waren diese Gründe eigentlich nie gewesen, andere Beziehungen überleben solche Hindernisse doch auch. Nur ich konnte nichts dagegen setzen. Allmählich traue ich mich schon gar nicht mehr, überhaupt noch eine neue Beziehung anzufangen.

Das ist blöd, weil ich jetzt im Internet schon wieder einen sehr netten Mann kennengelernt habe, mit dem ich mich jetzt auch schon mehrmals im Cefé getroffen habe. Aber ich habe gar keinen Mut mehr, noch einen Schritt weiter zu gehen.

Gibt es irgendeine Möglichkeit zu erkennen, ob ein Date wirklich das Potential für eine langfristige Beziehung hat? Allmählich habe ich echt Angst, mein Leben lang Single zu bleiben.

Nina D. (Name geändert)

Das Ende aller Träume

Hallo Nina,

Was Sie vor fünf Jahren erlebt haben, ist tatsächlich der Mega-GAU Ihrer Lebensträume gewesen, nach meiner Ansicht also weit mehr als nur ein „ziemlich traumatisches“ Erlebnis.

Sie haben damals sehr viel mitgemacht, und darunter leiden Sie immer noch, auch wenn Sie offenbar Schwierigkeiten haben, sich das bewusst klar zu machen. Aus therapeutischer Sicht gibt es keinen Grund, „eigentlich froh zu sein“, dass Sie Ihren ersten Freund verloren haben.

Sie waren mit dem „Mann Ihrer Träume“ zusammen und erwarteten von ihm ein Kind, hatten also Ihr Lebensglück, die „langfristige Beziehung“ zum Greifen nahe. Und dann, im vierten Monat der Schwangerschaft, der doppelte Verlust: erst Ihr Kind, dann Ihr Mann.

Und seitdem wiederholen sich die Verluste: „Keine einzige dieser Beziehungen hat länger als drei Monate gedauert“. Man muss kein großer Psychologe sein, um da einen Zusammenhang zu bemerken.

Die Angst vor neuem Verlust

Länger als drei Monate halten Sie keine Beziehung mehr durch: Spätestens dann kommt Ihre Angst wieder hoch, die Verlusterfahrung zu wiederholen: Es war ja der vierte Monat, in dem Sie Ihr Kind verloren haben.

Vielleicht war ja jedes Mal irgendetwas in Ihrem Inneren sogar ganz froh, sich nach drei Monaten zu trennen, „immer aus ganz banalen Gründen“, gerade noch rechtzeitig vor der großen Katastrophe, die Sie unbewusst für den vierten Monat erwarteten.

Denn das Panikgefühl, von dem Sie berichten, passt sehr gut zur Angst vor der großen Katastrophe. Und um die abzuwenden, sind Sie offenbar sogar bereit, Ihre Freunde wieder gehen zu lassen.

Die sich selbst erfüllende Prophezeiung

Obwohl Sie kurz vor der jeweiligen Trennung von einem Freund so große Angst hatten und per Telefon prüfen mussten, „ob es ihn überhaupt noch gibt“, verhindern Sie es selbst, wohl durch ein gutes Stück „spröder“ Unflexibilität, bei beruflichen Veränderungen Ihrer Freunde konstruktive Lösungen für die Fortdauer Ihrer Beziehung zu finden.

Eine self-fulfilling prophecy also, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Sie haben Angst vor erneuten Verlusten, und genau durch diese Angst erreichen Sie es, dass Sie diese Verlusterfahrung jedes Mal immer wieder neu erleben müssen. Keine gute Voraussetzung für jemanden, der eine „langfristige Beziehung“ sucht.

Aufgabe für eine Therapie

Was ich Ihnen hier skizziert habe, dürfte für Sie letztlich nichts Neues sein. Sie haben gerade wieder einen neuen, netten Mann kennengelernt- und der Panikmechanismus beginnt auch schon wieder zu arbeiten.

Trotzdem ist diesmal etwas anders. Sie selbst haben gemerkt, dass Sie in die Wiederholungsschleife hinein geraten. Sie selbst wünschen sich jetzt ganz bewusst nicht noch eine Wiederholung. Und Sie haben mit Ihrer Nachricht einen Hilferuf losgeschickt, um sich psychologischen Rat einzuholen. Das sind sehr gute Schritte dafür, dass es diesmal tatsächlich anders werden kann.

Ob das nun ich bin oder ein anderer Therapeut/eine andere Therapeutin: Es ist ganz bestimmt sinnvoll, wenn Sie sich jetzt ausführliche fachliche Unterstützung holen.

Die wiederentdeckte Trauer

Mit großer Wahrscheinlichkeit kann es ein hilfreicher Ansatz und ein Ziel in der Therapie sein, dass Sie Ihre Trauer wieder entdecken über das, was da vor fünf Jahren passiert ist: über den Verlust Ihres Kindes und Ihres Freundes, über den Verlust Ihres damaligen Glücks.

Aus meiner Sicht wäre es gut, wenn Sie sich dafür Zeit nehmen, hier sehr behutsam, sehr ruhig und gemeinsam mit einem Therapeuten dem nachzuspüren, was Sie da erlebt haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie durch eine solche Therapie auch die Panikattacken wieder loswerden, die Ihnen jetzt so sehr zusetzen. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass es Ihnen schon sehr bald gelingen wird, das zu finden, was Sie sich schon immer gewünscht haben: die langfristige Beziehung zu einem Mann, mit dem Sie eine Familie gründen können.

Mit allen gute Wünschen für Ihren Weg

Dr. rer. biol. hum. Michael Petery

 

Von mpetery

Zuletzt aktualisiert am 19.09.2017.

Ein paar Worte zu meiner Person:
Mein Name ist Michael Petery, bin verheiratet und arbeite in Hildburghausen (30km nordwestlich von Coburg) in meiner Praxis für Psychotherapie gemäß Heilpraktikergesetz.

Studiert habe ich in Tübingen, Paris und Berlin. Bis 2014 war ich am Universitätsklinikum in München-Großhadern tätig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Palliativmedizin und der Professur für Spiritual Care bei Prof. Dr. Eckhard Frick (Pychiatrie) und Prof. Dr. Traugott Roser (ev. Theologie). Daneben habe ich meine Klienten in eigener Praxis in München-Schwabing betreut.

Leitfiguren für meine therapeutische Arbeit sind Carl Rogers (clientenzentrierte Gesprächstherapie), Fritz Perls (Gestalt-Therapie) und Irvin D. Yalom.

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